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Von Antrazyklinen bis Zirkulierende Tumorzellen

Von Gertrud Rust, mamazone-Bodensee

Früherkennung, verfeinerte Operationstechniken, personalisierte, das heißt, der individuellen Charakteristik eines bösartigen Brusttumors optimal angepasste Therapiestrategien eröffnen eine immer bessere Prognose und führen heute schon zu erheblich verlängerten Überlebenszeiten von Frauen mit Brustkrebs, zum Teil sogar mit der realistischen Aussicht auf Heilung.

Dagegen haben sich die Behandlungsergebnisse im fortgeschrittenen Krankheitsstadium im Vergleich zum Frühkarzinom noch nicht ausreichend verbessert, sodass u.a. die Wege der Metastasierung, ihre Vorboten und die Möglichkeit der Hemmung auf gesteigertes Forschungsinteresse stoßen. Eine besondere Rolle spielen in diesem Zusammenhang die zirkulierenden Tumorzellen, denen eine prognostische und therapeutische Relevanz zukommt.

Inhalt

Zirkulierende Tumorzellen (CTCs) gelten als Quelle späterer Metastasierung

Zirkulierende Tumorzellen (CTCs) gelten als Quelle späterer Metastasierung, so Prof. Andreas Schneeweiss vom  NCT Heidelberg und haben eine prognostische Bedeutung für das Gesamtüberleben. Diese Zellen sind jedoch sehr unterschiedlich (heterogen) und auch nur ein Teil, nämlich die Krebsstammzellen, ist in der Lage, Metastasen hervorzurufen. Um zu einer prognostischen Aussage zu gelangen, müssen aus der Menge der CTCs somit mittels geeigneter Zellmarker die Metastasen hervorrufenden Zellen herausgefiltert werden.

Hervorzuheben ist dabei, dass diese Zellmarker, wie etwa CD 44+, Met+, CD47-, im Gegensatz zur möglichen Änderung der Empfängerantennen auf der Zelloberfläche vom Primärtumor im Vergleich zur Metastase, erhalten bleiben. Die Untersuchung metastatischer Potenz von CTCs erfolgte bisher nur an luminalen Mamma-Ca-Typen, Endziel wäre die zielgerichtete Therapie etwa gegen CD44+-Zellen.

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Wo im menschlichen Körper ist nun die Fahndung nach zirkulierenden Tumorzellen möglich?

Dieser Frage ging Dr. Sabine Riethdorf vom Institut für Tumorbiologie der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf nach.

CTCs können im Blut oder im Knochenmark aufgespürt werden, jedoch liegen sie in niedriger Konzentration vor, was eine sensitive Methodik erforderlich macht. In hochkomplexen Verfahren wird deshalb unter Nutzung der Zelleigenschaften eine Anreicherung durchgeführt, jedoch ist die Interpretation der Ergebnisse schwierig und kann zu unterschiedlichen Einschätzungen führen.

Es gilt: nicht alle entdeckten Zellen sind bösartig, und nicht alle bösartigen Zellen werden entdeckt! Aus diesem Grund wird derzeit nach zusätzlichen Markern gesucht, um eine genauere Differenzierung zu ermöglichen.


Auch die Frage, ob CTCs Stammzelleigenschaften besitzen, wird noch diskutiert. Das zentrale Problem besteht in der Identifikation der lebensfähigen und Metastasen hervorrufenden CTCs: welche sind es, wie sehen sie aus, und wie funktionieren sie?

Gesichert ist jedoch die Erkenntnis, dass die Menge an zirkulierenden Tumorzellen im metastasierten und nicht metastasierten Stadium variiert und eine kritische Grenze existiert.


Das Ansprechen auf eine Therapie ist unterschiedlich, jedoch erlaubt die Zellzahl vor und nach Therapie eine Einschätzung des Behandlungserfolgs.

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Die prognostische Relevanz zirkulierender Tumorzellen

Die prognostische Relevanz zirkulierender Tumorzellen beleuchtete Dr. Brigitte Rack von der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Zwar ist die prognostische Aussagekraft von CTCs bei Vorkommen im Knochenmark belegt, nicht aber im Blut. Wohl sind die rezidivfreie Zeit und das Gesamtüberleben verkürzt, jedoch sind genaue Marker für ein echtes Therapiemonitoring derzeit nicht verfügbar. Dennoch werden der Existenz und der Zahl der CTCs auch beim frühen Brustkrebs Bedeutung für den Krankheitsverlauf (Gesamtüberleben, Rezidiv freies Überleben) und das Ansprechen auf eine Therapie (etwa CTCs vor und nach einer Chemotherapie) zugesprochen, da auch in einem frühen Stadium bei 21,5 Prozent der Patientinnen vor Beginn der adjuvanten Therapie zirkulierendeTumorzellen nachweisbar sind. In aktuellen Studien wird derzeit der mögliche Nutzen von  CTCs als Marker für den Therapieverlauf untersucht.

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Die aktuelle Studienlandschaft zu zirkulierenden Tumorzellen

Die aktuelle Studienlandschaft zu zirkulierenden Tumorzellen beleuchtete Dr. Bahriye Aktas von der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Essen.

Die meisten Daten liegen im Gegensatz zur neo- und adjuvanten Behandlungssituation für das metastasierte Stadium vor. Sind in einer Blutprobe von 7,5 ml 5 zirkulierende Tumorzellen nachweisbar, wird von einer prognostischen Bedeutung ausgegangen, insbesondere beim Verbleiben bzw. großen Unterschieden der Zellmenge vor und nach einer Therapie. Die Beantwortung der zentralen Fragen, ob eine Therapieänderung beim hartnäckigen Verbleiben dieser Zellen im Blut (CTC-Persistenz) unter einer bestimmten Therapie zu einem besseren Ergebnis führt, und ob die Überwachung des Behandlungsverlaufes mit Hilfe von zirkulierenden Tumorzellen womöglich bildgebende Verfahren in der Sensitivität der Früherkennung von Metastasen übertrifft, ist derzeit Gegenstand intensiver Forschungen. Ziel ist eine weitere Individualisierung der Brustkrebs-Therapie, denkbar die Entwicklung eines Überwachungs-Ansatzes in der Nachsorge zur möglichst frühzeitigen Entdeckung von Rückfällen.

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Seed and Soil

Unter dem Thema „Seed and Soil“ widmete sich Prof. Dieter Hölzl vom Klinikum Großhadern der Universität München der Beurteilung von Krankheitsverläufen im Allgemeinen.

Die Fragen, was passiert zwischen Primärtumor und Metastase, wie lange dauert es bis zum Auftreten einer Tochtergeschwulst, und wo tritt sie auf, beantwortete er auf sehr individuelle Art und Weise.

Je größer ein Primärtumor, desto höher die Gefahr der Metastasierung, diese Erkenntnis gilt als gesichert. Wie ist jedoch das Vorliegen einer Multifokalität, das heißt von mehreren Tumorherden zu bewerten? Bedeutet das bereits eine Metastasierung? Nach Prof. Hölzl stellt eine Multifokalität bereits eine frühe Metastasierung des Primärtumors dar. Folgerichtig sei ein Lokalrezidiv auf einen nicht entdeckten multifokalen Brusttumor zurück zu führen.

Die Zeit bis zur Entdeckung einer Metastasierung hinge – so Hölzl - wiederum von der Wachstumsgeschwindigkeit des Primärtumors ab, und im Verlauf dieser Latenzzeit fände eine kontinuierliche Streuung statt. Auch die dormancy, d.h. das Verharren von Tumorzellen in einer Art Ruhezustand (dormant cells), entspreche der Wachstumsgeschwindigkeit des Primärtumors.

Niedere Wachstumsgeschwindigkeiten bedeuteten somit eine späte Metastasierung. Und: die Lebenszeit sei von der Früherkennung eines Tumors und dessen langsamem Wachstum abhängig.


Fazit: ein Primärtumor streue von Anfang an, und metastatische Zellen seien von Beginn an sehr schnell an „Ort und Stelle“, verharrten dort jedoch zunächst in einer Art Ruhezustand (dormancy).

Die inzwischen bekannten möglichen Unterschiede in den Eigenschaften von Primärtumor und Metastase seien auf die große Unterschiedlichkeit (Heterogenität) der Zellverbände in einem Primärtumor zurück zu führen und von Anfang an vorhanden. Je nachdem, welche Zellen des Primärtumors gestreut hätten, erkläre die verschiedenen Eigenschaften von Primärtumor und Metastase.

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Wenn Brustkrebs metastasiert, sind häufig zuerst die Knochen betroffen

Die Therapie der sogenannten ossären Metastasierung ist somit von zentraler Bedeutung für Brustkrebspatientinnen. Prof. Maximilian Rudert von der orthopädischen Klinik König-Ludwig-Haus der Universität Würzburg erläuterte die operative Behandlung von Knochenmetastasen.

Operative Therapie bedeutet hier lokale Kontrolle, im Gegensatz zur sogenannten systemischen medikamentösen Therapie, die das ganze Körpersystem betrifft. Therapieziele sind einmal die Schmerzkontrolle, sowie die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Knochenstabilität. Wichtig ist, eine Operation möglichst zum besten Zeitpunkt auszuführen, von Bedeutung sind dabei das Muster und Ausmaß der Zerstörung des Knochenskeletts sowie deren Ort und das Vorliegen belastungsabhängiger Schmerzen.

Sehr diffizile und ausgefeilte OP-Techniken stehen inzwischen zur Verfügung und reichen von sogenannten Segmentresektionen über metallischen Knochenersatz zu Verbundosteosynthesen (ein metallisches Implantat und Knochenzement), sowie vertebroplastischen Verfahren, wo ebenfalls eine Stabilisierung mit Knochenzement und zuvor eine Bestrahlung des kritischen Bereichs zur Vermeidung einer weiteren Streuung durchgeführt wird. Mittels Tumorendoprothetik sind verschiedene Knochen sogar komplett ersetzbar. Bei der Vielzahl dieser Möglichkeiten sind individuell angepasste Therapieentscheidungen unabdingbar.

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Nutzen einer Strahlentherapie für Knochenmetastasen

Prof. Petra Feyer vom Vivantes Klinikum Neukölln, Strahlentherapie, Radioonkologie und Nuklearmedizin, Berlin, beschrieb den Nutzen einer Strahlentherapie für Knochenmetastasen.

Da in 50-90 Prozent der Fälle Knochenschmerzen auftreten, sowie Bewegungseinschränkungen und Frakturgefahr vorliegen, hat eine Strahlentherapie neben der Linderung Tumor bedingter Schmerzen den Erhalt der Beweglichkeit  und eine Verlängerung der Lebenszeit bei guter Lebensqualität zum Ziel. Bei der Prophylaxe von Knochenbrüchen und der Schmerzverringerung bei Metastasen entstehen erfreuliche Ansprechraten von bis zu 80 Prozent, wobei auch sogenannte Rekalzifizierungen, d.h. die Wiederaufnahme von Calcium in dem bestrahlten Knochenbereich, möglich sind.

Zur Vermeidung von Organschäden gibt es inzwischen moderne Hochpräzisionsgeräte, die auch Zweitbestrahlungen erlauben. Bei ausreichender Datenlage wird der Zeitabstand bei sechs Monaten angesetzt.

Um die Gehfähigkeit bei einer Rückenmarkskompression, einer Quetschung des Rückenmarks durch Metastasen, zu erhalten, ist ein sofortiger therapeutischer Eingriff angezeigt. Störungen der Sensibilität in den Beinen sind hierbei als beginnende Anzeichen (Symptomatik) zu werten, die unverzüglich zum Handeln veranlassen sollte. Um das Knochenmark möglichst wenig zu schädigen, wird das Bestrahlungsfeld genau eingestellt, auch sind darauffolgende Bestrahlungseinheiten möglich. Am ehesten entstehen unerwünschte Nebenwirkungen bei Komplettbestrahlungen der Wirbelsäule.

Festzuhalten ist überdies, dass auch asymptomatische Knochenmetastasen, also Knochenmetastasen ohne Symptome, zur Verhinderung eines Fortschreitens bereits bestrahlt werden können und, dass die medikamentöse Therapie eine Radiotherapie nicht überflüssig macht.

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Die medikamentöse bzw. Systemtherapie von Knochenmetastasen

Dieser medikamentösen bzw. Systemtherapie von Knochenmetastasen widmete sich Prof. Tanja Fehm von der Universitäts-Frauenklinik Tübingen.

Im Gegensatz zu viszeralen Metastasen, also Tochtergeschwülsten, die die Weichteile befallen, haben Knochenmetastasen trotz des Auftretens von Schmerzen, möglichen Brüchen (Frakturen) und Quetschungsanzeichen (Kompressionssymptomen) gute Aussichten für die erkrankte Patientin.

Zur Vermeidung einer falschen Systemtherapie (Chemo, Antikörper) ist jedoch eine Neubewertung (Reevaluation) der Tumorbiologie essentiell.

Bei hormonpositiven Patientinnen, dies sind immerhin ca. 80 Prozent, gilt die endokrine, also antihormonelle Therapie als erste Wahl. In Abhängigkeit vom Menopausenstatus, der Befindlichkeit der Patientin vor, in oder nach den Wechseljahren, sind angepasste Antihormonbehandlungen möglich, beim Fortschreiten der Erkrankung bzw. bei hormonrezeptor-negativen Patientinnen kann eine Chemotherapie angedacht werden. In Verbindung mit einer endokrinen Therapie ist die orale oder intravenöse Gabe von Bis-
phosphonaten möglich, welche regulierend in den Knochenauf- bzw. abbau eingreifen. Die verschiedenen Präparate gelten dabei als gleichwertig. Immer noch gilt die Zulassung jedoch nur für den therapeutischen, nicht jedoch für den adjuvanten Einsatz.


Eine neue Option bietet der monoklonale Antikörper Denosumab, der durch Neutralisierung des sogenannten RANK-Liganden die Osteoklasten, das heißt die Knochen abbauenden Zellen hemmt. Denosumab hat sich gegenüber dem Bisphosphonat Zoledronsäure als überlegen gezeigt, empfohlen wird zusätzlich die Einnahme von Calcium und Vitamin D (Kombipräparat mit 400-800mg Calcium und 5 mikrog Vitamin D3).


Zur Einnahmedauer galt bis 2011: Bisphosphonate lebenslang, keine Umstellung auch bei Fortschreiten der Erkrankung, seit 2012 ist jedoch bei Wiederauftreten einer Knochenmetastasierung eine Umstellung auf Denosumab in der Diskussion. Eine Neubewertung des eingeschlagenen Behandlungsweges ist durch bildgebende Verfahren und Tumormarker möglich.

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Knochenschutz nach Fortschreiten der Erkrankung (Osteoprotektion nach Progression)

Mit dem Knochenschutz nach Fortschreiten der Erkrankung (Osteoprotektion nach Progression) befasste sich Prof. Erich-Franz Solomeyer aus der
Klinik für Frauenheilkunde in Homburg/Saar
.

Es stehen nach einer Progression prinzipiell zwei Möglichkeiten zur Verfügung:

  • einmal die Stoffklasse der Bisphosphonate
  • zum anderen der monoklonale Antikörper Denosumab.


Diskutiert wird jedoch die Frage, in welcher Reihenfolge diese Medikamente eingesetzt werden sollten, um einen größtmöglichen Erfolg zu erzielen:

  • von Beginn an (upfront-Therapie) Bisphosphonate oder Denosumab
  • Wechsel von einem Bisphosphonat nach einer Therapiepause und anschließendem Fortschreiten der Erkrankung auf ein weiteres Bisphosphonat bzw. wiederholter Einsatz von Denosumab
  • oder aber ein Switch von Bisphosphonaten zu Denosumab, was einen Wechsel des Wirkmechanismus bedeuten würde.


Grundsätzlich sollte der Therapiebeginn mit Auftreten der ersten Knochenmetastase erfolgen und die Medikation lebenslang beibehalten werden. Ein Abbruch bei Fortschreiten der Erkrankung ist nicht angesagt.
Knochenmetastasen können lytische, das heißt Knochen zerstörende, oder blastische, das heißt Gewebe bildende Eigenschaften besitzen, in beiden Fällen ist die Wirksamkeit von Bisphosphonaten und Denosumab belegt.

Sind Knochenmetastasen osteoprotektiv mit einem der oben genannten Medikamente vorbehandelt und kommt es dennoch zu einem Fortschreiten, erzielt der Einsatz von Bisphosphonaten bzw. Denosumab eine ähnliche Wirkung, bei nicht vorbehandelten Patientinnen erweist sich Denosumab jedoch als überlegen.

Prinzipiell sollte eine knochenschützende Therapie auch nach Fortschreiten der Erkrankung durchgeführt werden, wobei der Wechsel von einem Bisphosphonat auf ein anderes in den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie ohne Einschränkungen (++)empfohlen wird. Liegt kein Fortschreiten der Erkrankung vor, ist eine Therapiepause möglich.

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Die Entwicklung und Validierung des Endo-Predict-Tests

Für ein wesentlich früheres Krankheitsstadium ist der neu vorgestellte Endo-Predict-Test nützlich, soll er doch eine Entscheidungshilfe zum Einsatz einer Chemotherapie bzw. deren Vermeidung bieten. Die Entwicklung und Validierung dieses Tests beschrieb Dr. Peter Dubsky von der Brustambulanz des AKH Wien.

Ziel des Endo-Predict ist die Einteilung (Stratifizierung) der Behandlung von Mammakarzinom-Patientinnen. Der frühe Brustkrebs kann mittels sogenannter prognostischer Signaturen, das sind genetische Aussagen über die Gefährlichkeit der Erkrankung, einer guten, mittleren oder schlechteren Prognose zugeordnet werden.

Gute Prognosen haben hier die sogenannten Luminal-A-Typen und Luminal-B-Typen mit einer Zellteilungshäufigkeit, dem Proliferationswert Ki-67 unterhalb einer bestimmten Grenze. Bei diesen Tumoren liegt gleichzeitig ein positiver Östrogenrezeptor-Status vor und sie sind HER2-negativ sind. Etwa 60 Prozent aller Mammakarzinome gehören zu dieser Untergruppe (Subtyp).

Hier stellt sich nun die Frage, ob eine Chemotherapie eine Übertherapie darstellen würde und eine antihormonelle Therapie ausreichend wäre. Zusätzliche Multigen-Tests wie der Oncotype DX oder der Mammaprint-Test bieten zwar weitere Entscheidungshilfen, umfassen jedoch eine Vielzahl zu untersuchender Gene, sind mit hohen Kosten und versandtechnischen Problemen belastet, da sie nur in speziellen Zentrallaboren durchgeführt werden können.

Deshalb könnte die Entwicklung des Endo-Predict-Tests eine Alternative darstellen. Der Test beruht auf der Expressionsanalyse von acht hormonrezeptor- und proliferationsassoziierten Genen, sowie auf drei Kontrollgenen. Diese Genauswahl bietet die besten prognostischen Aussagen, welche zusätzlich mit bekannten pathologischen Parametern wie Tumorgröße und Nodalstatus in Beziehung gesetzt werden.

Es ergibt sich daraus der sogenannte EPclin-Score, welcher mit hoher Zuverlässigkeit in low-risk und high-risk-Fälle trennt. Die Validierung erfolgte in zwei großen prospektiven klinischen Studien der Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group (ABCSG 6 + 8) an mehr als 1700 Tumorproben.

Von großem Vorteil ist überdies die mögliche Durchführung des Endo-Predict an routinemäßig fixiertem, in Paraffin eingebettetem Tumorgewebe, wobei kleinste Gewebeproben ausreichen und auf große Mengen tiefgefrorenen Gewebes verzichtet werden kann. Durchgeführt an pathologischen Instituten mit entsprechenden technischen und molekularpathologischen Möglichkeiten, darf mit einem Ergebnis innerhalb von fünf Tagen gerechnet werden.

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Der gesundheitsökonomische Wert des Endo-Predict

Prof. Marion Kiechle von der Universitäts-Frauen- und Poliklinik der TU München akzentuierte den gesundheitsökonomischen Wert des Endo-Predict. Bei der Identifizierung der ca. 20-40 Prozent Patientinnen, welche kostenintensiv mit einer Chemotherapie übertherapiert werden, können Mammaprint, Oncotype DX und Endo-Predict Abhilfe schaffen.

Mammaprint untersucht 70 Gene an Frischgewebe, ein Paraffintest ist erst seit diesem Jahr erhältlich. Die Gewebeuntersuchung erfolgt im Zentrallabor in Amsterdam, die Kosten belaufen sich auf ca. 2.675 Euro. Der in den USA etablierte Oncotype DX untersucht 21 Gene an fixiertem Gewebe, das Untersuchungslabor liegt in Kalifornien, die Kosten summieren sich auf ca. 3.180 Euro.

Bei beiden Tests werden die low-risk-Patientinnen mit einer hohen Trefferquote (> 90 Prozent) identifiziert, die Kosten müssen bisher jedoch von der Patientin getragen werden.

Der Endo-Predict, erhältlich seit August 2011, untersucht an fixiertem Gewebe acht Gene und drei Kontrollgene der Luminal-Typen A+B (ER+, HER2-) zu einem Preis von 1.800 Euro, der allerdings derzeit nicht mehr erstattungsfähig ist. Endo-Predict ist in zahlreichen Laboren durchführbar.

Eine hohe Übereinstimmung besteht zwischen dem EPclin-Score und dem Ergebnis des Femtelle-Tests (uPA/uPAI-1). Bemerkenswerterweise kann aus der Hochrisikogruppe auf der Basis des Femtelle-Tests mittels des Endo-Predict nochmals eine Gruppe von Niedrig-Risiko-Patientinnen herausgefiltert werden.


Fazit: ca. 30 Prozent der Patientinnen kann mit dem Endo-Predict eine Chemotherapie erspart werden, wodurch sich eine entsprechende Kostenreduzierung ergibt. Eine prospektive Studie zu diesem Thema ist an der LMU München in Vorbereitung.

Ergänzende Information: Der Endo-Predict-Test wird zwar flächendeckend in Deutschland angeboten, ist derzeit jedoch nur  in 11 von 16 Bundesländern ambulant erstattungsfähig. Es wird daher angestrebt, die bisher zögerliche Haltung der Landes-KVn Bayern, Niedersachsen, Berlin-Brandenburg, Saarland und Bremen durch entsprechende Überzeugungsarbeit zum Wohl der Patientinnen zu überwinden.

 

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Der Endo-Predict aus Sicht des Molekularpathologen

Prof. J. Kriegsmann vom Medizinischen Versorgungszentrum für Histologie, Zytologie und Molekulare Diagnostik in Trier nahm aus der Sicht des Molekularpathologen zum Endo-Predict Stellung.

Bei der Brustkrebsdiagnostik vor Ort ist der Test schnell in die Praxis integrierbar, dezentral einzusetzen, und jeder Pathologe sollte ihn durchführen können. Aus der Tumorprobe wird die RNA (Ribonukleinsäure) isoliert, dem Test unterzogen, und nach 2 Tagen läge das Ergebnis vor.

In einem Ringversuch wurden von 70 Proben 69 richtig bestimmt, somit kann von einer einfachen Anwendung ausgegangen werden. Verwendbar sind sowohl Proben mittels Stanzbiopsie als auch OP-Präparate, die Untersuchungsergebnisse sind konkordant, d.h.  es besteht keine Beeinflussung durch die Art der Probengewinnung.

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Die Immunologie des Mammakarzinoms

Die prädiktiven Faktoren der Zukunft umfassen jedoch nicht nur die Gentests, sondern auch immunologische Parameter. PD Florian Schütz von der Universitäts-Frauenklinik  in Heidelberg befasste sich mit der Immunologie des Mammakarzinoms.

Ausgegangen werden kann von einem immunologisch begründeten Krebsgeschehen (Karzinogenese) denn an einem Tumor sind aktive immunologische Reaktionen beobachtbar.

Dem Nachweis von NK (natural-killer)-Zellen im Tumor und von B-Lymphozyten im Randbereich kommt dabei prognostische Bedeutung zu. Zur Verhinderung einer Überreaktion antigenspezifischer Immunantworten werden sogenannte regulatorische T-Lymphozyten (Suppressorzellen) aktiv. Ist dieser natürliche Regulationsprozess jedoch gestört, wie es bei Brustkrebs der Fall zu sein scheint, bremst eine zu hohe Anzahl regulatorischer T-Zellen die Immunreaktion und Krebszellen können sich der Immunabwehr entziehen.

Zwei Drittel der antigenspezifischen Immunantworten sind im Knochenmark nachweisbar, nicht jedoch im lokalen Tumor. Die Suche nach weiteren, leichter erfassbaren Parametern führte zu MUC 1, einem spezifischen Antikörper im peripheren Blut und Teil der der humoralen Immunantwort. Dieser ist Kennzeichen sich stark teilender, hormonrezeptor-negativer  Tumore und bei Luminal-Typen von Brustkrebs nicht nachweisbar.

Auch die regulatorischen T-Zellen sind im Blut zu erfassen, versucht man, sie heraus zu filtern oder zu hemmen, schießt die Immunantwort in die Höhe. Von diesen Zellen existieren sogar spezifische Arten für Brustkrebs, der Nachweis gelingt nicht nur bei invasiven Tumoren, sondern auch beim „vor Ort“ gebliebenen Brustkrebs, dem DCIS (duktales Carcinoma in situ).

Die Botschaft lautet also: Brustkrebszellen werden immunologisch erkannt, jedoch verhindern antigenspezifische regulatorische T-Zellen eine immunologische Abwehrreaktion. Das DCIS hat ebenfalls eine immunologische Komponente, aber andere Antigene als invasive Tumore.
Immunologische Reaktionen sind auch beim Mamma-Ca als Ausgangsbasis für eine Impfung (Vakzinierungsstrategie) denkbar.

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Endokrine Therapie quo vadis?

Endokrine Therapie quo vadis, dieser Frage ging Prof. Hiltrud Brauch vom Fischer-Bosch-Institute of Clinical Pharmacology in Stuttgart nach und stellte dabei die Rolle von CYP2D6 in den Mittelpunkt.

Tamoxifen stellt für eine große Zahl von Brustkrebspatientinnen eine gut verträgliche endokrine Therapieoption dar, ist jedoch ein PRO DRUG und muss durch das Enzym CYP2D6 in die therapeutisch aktive Form des Endoxifens umgewandelt werden.

Könnte CYP2D6 somit ein Biomarker für den Einsatz von Tamoxifen darstellen?

Unbestritten ist, dass sogenannte poor metabolizer, d.h. Patientinnen, in deren Stoffwechsel zu wenig dieses Enzyms vorhanden ist und in der Folge auch kaum Endoxifen gebildet wird, keinen Vorteil aus einer Behandlung mit Tamoxifen ziehen.

Die Bestimmung von CYP2D6 kann genotypisch oder phänotypisch (durch den Spiegel der Stoffwechselprodukte im Blut) erfolgen und ist in den letzten Jahren Gegenstand intensiver Forschung geworden, da es durch unterschiedliche Studiendesigns und methodische Mängel in den Labortechniken zu widersprüchlichen Ergebnissen gekommen ist.

Zu beachten ist überdies, dass der CYP2D6-Stoffwechsel durch eine Chemotherapie stark beeinflusst wird, da es zu PRO-DRUG-Interaktionen kommt. Die Bestimmung sollte also vor einer Chemotherapie stattfinden. Ergibt sich ein poor-metabolizer-Status, stehen bei Patientinnen nach den Wechseljahren die Aromatasehemmer zur endokrinen Therapie zur Verfügung, in der Prämenopause endokrin wirksame Alternativpräparate wie etwa die GnRH-Analoga.

Es existiert bisher ein zertifizierter Test zum CYP2D6-Stoffwechsel, der „Amplichip“, der wegen der Schwierigkeit  der Interpretation in Speziallabors durchgeführt und von einem klinischen Pharmakologen begutachtet werden sollte. Die Kosten von ca. 600 Euro sind derzeit nur privat abrechenbar. Neu ist der DNA-Test (300 Euro) von Humatrix in Frankfurt.

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Einer der am besten evaluierten Marker

Als einen der am besten evaluierten Marker bezeichnete Prof. Hanns-Peter Sinn vom Institut für Pathologie, Sektion Gynäkopathologie des Klinikums Heidelberg einen alten Bekannten, den Ki-67-Proliferationsindex beim hormonpositiven Brustkrebs. Seit Bekanntwerden der ER+ -Untergruppen Luminal A und B steht Ki-67 neu im Fokus, da er zu einer weiteren Differenzierung dieser beiden Untergruppen beitragen könnte.

Die Quantifizierung von Ki-67 zur Messung von Unterschieden in der Teilungsfreudigkeit der Zellen erfolgt dabei histologisch, molekularbiologisch und durch Bildanalysen unter Computer-Assistenz. Die Kombination der Ergebnisse mit Gensignaturen (Endo-Predict, OncotypeDX, Mammaprint) lässt so ein Bild starker Unterschiedlichkeit (Heterogenität) der Tumorproliferation entstehen.

Ki-67 stimmt zusätzlich mit dem G-Status (Zelldifferenzierung) überein. Eine Vorhersage (Prädiktion) der Zurückbildung des Brusttumors (Tumorregression) ist so zwar möglich, jedoch ist das Ausmaß zum Teil von der gewählten Analysemethode abhängig, wobei die unterschiedlich erzielten Ergebnisse jedoch die gleiche Tendenz anzeigen und miteinander übereinstimmen.

Bestimmte Ki-67-Schwellenwerte trennen zuverlässig in aggressiveres und langsameres Tumorwachstum, sodass im Hinblick auf die Prädiktion der pathologischen Tumorregression Ki-67 als das wichtigste Einzelkriterium gilt.

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Prinzipielle Problemstellungen beim Einsatz neuer prädiktiver Marker

Prinzipielle Problemstellungen beim Einsatz neuer prädiktiver Marker diskutierte Prof. Christian Mundhenke von der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Kiel.
Zu den bekannten Faktoren zur Risikoabschätzung wie das Alter der Patientin, Tumorgröße, Grading, uPA-/PAI-1-Status und Proliferationsindex kamen in den letzten Jahren die Genexpressionsanalysen hinzu.

Hier ist zu fragen, ob das gesamte Genom untersucht werden muss, oder ob selektive Bereiche genügen. Sind beispielsweise Genom-Untergruppen definierbar, die unterschiedliche Vorhersagen auf Überleben und Therapiestrategien erlauben? Diese Klassifikationen sind bisher nicht befriedigend reproduzierbar und wurden zum Teil im bereits metastasierten Stadium erstellt.

Dennoch existieren für ER+ und HER2- Tumore bereits „Kandidatengene“, die zu einer Aus-sage herangezogen werden, wobei sich die Zahl der untersuchten Gene von Test zu Test erheblich unterscheidet (Mammaprint: 70, OncotypeDX: 21). Beim validierten Endo-Predict mit einem hohen Evidenz-Level stehen 8 Gene und 3 Kontrollgene im Fokus.

Sind hierbei alle Facetten einer Prognose abgedeckt? Das Immunsystem wird beispielsweise nicht erfasst, jedoch berücksichtigen Gensignaturen der zweiten Generation auch immunologische Parameter, welche eine weitere Differenzierung der Tumore im Hinblick auf die Sensitivität gegenüber einer Chemotherapie erlauben.

Die Zukunft liegt nach Prof. Mundhenke in der genomischen Durchsequenzierung des Mamma-Cas in allen wichtigen Bereichen, obwohl vermutlich auch dann nicht alle Fragen zur
Prognose beantwortet werden können, getreu nach dem Zitat von Karl Valentin: „Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen“.

Als vordringlich wird die Identifizierung und Charakterisierung metastasierungsfähiger Zellen sowie der Krebsstammzellen erachtet, im Gegensatz zu einer immer ausgefeilteren Analyse des Primärtumors. Überdies entsteht folgendes Problem: je diffiziler die Analysen, desto mehr Variationen werden entdeckt, die im Extremfall in die Handlungsunfähigkeit münden.

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Ein genauerer Blick auf die intrinsischen Typen des Mamma-Cas

Einen genaueren Blick auf die intrinsischen Typen des Mamma-Cas, deren Diagnostik und Bedeutung, warf Prof. Hans H. Kreipe vom Institut für Pathologie der Medizinischen Hochschule Hannover.

Der Begriff „intrinsische Typen“ stammt aus dem Genprofiling und  beschreibt, wodurch sich die verschiedenen Typen in ihren biologischen Eigenschaften unterscheiden.

Es handelt sich um:   

  • basale Typen (triple-negative), ca. 15 Prozent
  • HER2-Typen mit Überexpression von HER2-neu, ca. 16 Prozent
  • Luminal-B-Typen, ER+/- und schlecht differenziert
  • Luminal-A-Typen, ER+ und gut differenziert.
    Die Luminal-Typen umfassen ca. 70 Prozent

                                             
Die Bestimmung von sogenannten Triple-negativen Tumoren (TNBC) erfordert sensitive Bestimmungsmethoden; erst unterhalb eines bestimmten ER+-Grenzwertes (< 1 Prozent) und negativem HER2-Status wird von triple-negativ gesprochen.

Erstaunlicherweise weist das miRNA-Profil auf einen luminalen Tumor hin, sodass der triple-negative Tumor als Unterform eines luminalen Tumors bezeichnet werden kann. Auch bei den HER2-Tumoren kann die RNA-Analyse als Alternative zum FISH-Test eingesetzt werden, mit dem Ziel einer eindeutigen Identifikation des HER2-Typs. Die Differenzierung in Luminal A und B ist schwierig, die Trennlinie wird mit Hilfe des Ki-67-Proliferationswertes gezogen und liegt bei ca. 14 Prozent. Ein Problem stellt hier die Reproduzierbarkeit des Ki-67-Wertes dar, erhebliche Schwankungen entstehen in Abhängigkeit vom histologisch gewählten Zellmaterial und der eingesetzten Methodik. Probleme der Zuordnung entstehen vor allem im Grenzbereich von Ki-67 bei 14 Prozent, weshalb zusätzlich das Grading herangezogen wird (< G3 versus > G3).

Dennoch gilt die Proliferationsrate als Unterscheidungskriterium. Eine genaue Zuordnung ist deshalb von besonderer Bedeutung, da bei Luminal-B-Typen eventuell der Einsatz einer Chemotherapie erwogen werden muss.

Derzeitige Studien untersuchen die Übereinstimmung (Korrelation) alter und neuer Marker mit der Frage, ob neue Marker tatsächlich einen Fortschritt bringen (Recurrence Score über Genexpressionsanalysen vs. Ki-67, Grading und klinische Eigenschaften).

Besonders problematisch ist die Zuordnung zu G2-, im Gegensatz zu G1- und G3-Tumoren. Hier sind tatsächlich neue Marker notwendig, die mittels Multivariatanalysen herausgefiltert werden sollen.

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Eine differentielle Therapie ist möglich

Kann man jedoch von einer gelungenen Zuordnung zu Luminal-A oder Luminal-B ausgehen, ist eine differentielle Therapie möglich, wie Prof. Christoph Thomssen von der Klinik für Gynäkologie der MLU Halle-Wittenberg darlegte.

Luminal-A-Tumore gelten als low-risk-Tumore, die keiner Chemotherapie bedürfen und bei denen eine endokrine Therapie ausreicht. Tamoxifen ist geeignet, durch Aromatasehemmer entsteht nur ein niedriger Zusatzeffekt. Die Prognose ist exzellent.

Nicht so einfach sieht es bei den Luminal-B-Tumoren aus. Diese können sowohl ER+ als auch ER- sein, kombiniert mit HER2+ oder HER2- in verschiedenen Variationen. Bei einer high-risk-Konstellation sind Herceptin, Chemotherapie und endokrine Therapie notwendig. Die Prognose ist ungünstiger und ähnelt derjenigen der sogenannten basal-like-Tumore.

Welche Chemotherapie nützt nun wann?
Anthrazykline: nein bei low-risk, ja bei high-risk, Gleiches gilt für die Taxane.
Die Studienlage ist, wie oft, widersprüchlich, es gilt jedoch: je besser eine Therapie an die Risikokonstellation angepasst ist, desto besser die Prognose.

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Das HER2-positive Mammakarzinom

Das HER2-positive Mammakarzinom beleuchtete Dr. Diana Lüftner von der Charité Berlin.

Laut einer Empfehlung vom ASCO sollte die Diagnostik in einer zentralen Testung durch immunhistochemische Methodik (IHC), sowie den FISH-Test erfolgen, wobei die IHC dem FISH-Test überlegen ist.

Deutliche Aussagen sind in den stark positiven und negativen Bereichen möglich, als problematisch erweist sich wiederum ein „Graubereich“ zwischen hoher und niedriger Expression von HER2. Konventionell bestimmte HER2-positive Tumore erweisen sich z.T. nach Testung mit dem Oncotype DX als negativ, ebenfalls sind falsch positive Ergebnisse bei Untersuchungen an Stanzmaterial möglich, sodass eine Nachbestimmung sinnvoll ist.

Was kann man nun im Grenzbereich tun?
Einmal eine Kontrolluntersuchung durch den Pathologen mit einer alternativen Methode durchführen lassen und in der Klinik Trastuzumab/Herceptin als klassische Methode einsetzen, da Herceptin das krankheitsfreie Überleben DFS/disease free survival in allen großen Studien verbessert. Auch ergibt der neoadjuvante Einsatz von Trastuzumab und Pertuzumab Hinweise für das therapeutische Vorgehen (jedoch: Vorsicht wegen falsch-positiver Stanzergebnisse).

Patientinnen, welche kein Herceptin erhalten haben, können u.U. mit Lapatinib nachbehandelt werden. Auch eine erneute Therapie mit Herceptin nach Fortschreiten der Erkrankung kann weiteren Benefit erbringen. Ein optimaler Partner für den Antikörper Herceptin wird derzeit in Studien gesucht.

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Düstere Aussichten beim Triple-negativen Brustkrebs (TNBC)

Die eher düsteren Aussichten beim Triple-negativen Brustkrebs (TNBC) waren das Thema von Dr. Stefan Buchholz aus der Abteilung Gynäkologie des Caritas-Krankenhauses in Regensburg.

Das Triple-negative Karzinom ist sehr unterschiedlich, dennoch konnte bisher keine zielgerichtete Therapie entwickelt werden, sodass momentan die Chemotherapie im Vordergrund steht.

Die Suche nach therapeutischen Zielstrukturen ist derzeit voll im Gang. Zwar wird in Deutschland Bevacizumab zur Hemmung der Angiogenese noch eingesetzt, in den USA wurde die Zulassung für das metastasierte Stadium jedoch bereits zurück genommen. Für die adjuvante Situation liegen keine klaren Daten vor. Beim EGFR-Rezeptor herrscht eine heterogene Datenlage bzgl. seiner prognostischen Aussagekraft, ebenfalls fehlen ausreichende Daten für entsprechende Therapeutika.

Eine neue zielgerichtete Therapie könnte die sogenannte Carrier-Methode darstellen, wobei versucht wird, mittels Träger eine Kombination von Antikörper und zytotoxischer Substanz zur Tumorzelle zu transportieren wie es bei TDM-1 der Fall ist.

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Die Langzeitzeitfolgen der Systemtherapie

Wirksame Therapien nützen jedoch nicht nur, sondern erzeugen Nebenwirkungen und können Spätschäden nach sich ziehen. Auf die Langzeitzeitfolgen der Systemtherapie ging Dr. Frederik Marmé von der Universitätsklinik & NCT Heidelberg, Abteilung gynäkologische Onkologie, ein.

Spricht man von Langzeittoxizität medikamentöser Therapie, wäre zunächst der Begriff der „Langzeit“ zu definieren, der auch altersabhängig gesehen werden müsse.

Die Therapie bedingte Sterblichkeit infolge von Kardiotoxizität (verursacht zum Beispiel durch Anthrazykline), oder eines Zweitkrebses (Zweitmalignom) ist auch vom Alter der Patientin abhängig und steigt ab 65 Jahren an. Gleiches gilt auch für das sogenannte „Chemobrain“. Zudem existiert eine Dosisabhängigkeit.

Untersucht sind bei Anthrazyklinen Schäden bis zu einer Dauer von 13 Jahren nach Therapie, wobei auffällig ist, dass mit dem Alter ein kontinuierlicher Anstieg erfolgt.

Wie sehen die Folgen bei einer jüngeren Patientin nach 30 – 40 Jahren aus? Zwar können dann auftretende Beschwerden nicht mehr allein auf den Einsatz von Anthrazyklinen zurück geführt werden, die dadurch seinerzeit ausgelöste Belastung (Vulnerabilität) wird allerdings weiterhin Bestand haben.

Eine Alternative wären liposomale Anthrazykline, d.h. mit einer Fettschicht ummantelte Moleküle. Auch Trastuzumab/Herceptin ist als kardiotoxisch bekannt und muss bei 8-10 Prozent der Patientinnen abgesetzt werden. Jedoch sind diese Schäden umkehrbar (reversibel). Als Risikofaktoren gelten ein Alter ab 50 Jahren und bereits bestehende Komorbiditäten. Abhilfe können eine Begrenzung von sich summierender Dosen (Kumulativdosen), eine sorgfältige Patientenselektion, anthrazyklinfreie Alternativen und liposomale Formulierungen schaffen.

Das Risiko, innerhalb von 10 Jahren einen zweiten Krebs (AML, MDS) zu erleiden, ist bei Frauen mit Brustkrebs um  22 Prozent erhöht.

Hier sind als Ursachen dosisdichte Therapien mit Epirubicin und Cyclophosphamid zu nennen, aber auch G-CSF (Wachstumsfaktoren, der bei zu starkem Absinken der Leukozyten unter Chemotherapie gegeben werden kann), steigern Dosis abhängig die Rate  von  Zweitmalignomen.

Tragischerweise verlaufen diese Zweitmalignome schlechter als bei einer Neuerkrankung. Bekannt sind auch die potentiellen Nervenschädigungen (Neurotoxizität) bestimmter Substanzen (z.B. Capecitabin/Xeloda), die sich in Taubheitsgefühlen an Händen (27 Prozent) und Füßen (25 Prozent) äußern. Die Umkehrbarkeit dieser peripheren Polyneuropathie ist unbekannt.

Bei den kognitiven Funktionen („Chemobrain“) ist die Häufigkeit des Auftretens (Inzidenz) unklar (ca. 20-30 Prozent), zudem können Störungen auch bei einer endokrinen Therapie auftreten. Die Symptome sind aufgrund unterschiedlicher Testung kognitiver Funktionen sehr verschieden, jedoch stehen vor allem Gedächtnis- und psychosomatische Funktionen im Vordergrund. Weitere Faktoren stellen eine Depression und der Intelligenzquotient dar.

Im Verlauf einer 20-jährigen Beobachtungszeit traten Merkfähigkeitsprobleme und Wortfindungsstörungen auf. Risikofaktoren und Vermeidungsmöglichkeiten sind unklar. Da Erkrankungen in der Prämenopause anzusteigen scheinen, ist auch die Chemotherapie bedingte Amenorrhoe zu nennen, die in bis zu 55 Prozent der Fälle auftritt und oftmals nicht re-umkehrbar ist, bzw. mit einer stark eingeschränkten Fruchtbarkeit einhergeht. Es gibt jedoch die Fertiprotekt-Beratungsstellen, die hier mit Rat und Tat zur Seite stehen.

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Auch bei der Strahlentherapie ist mit Langzeitfolgen zu rechnen

Auch bei der Strahlentherapie ist mit Langzeitfolgen zu rechnen, bis zu 10 Jahre, manchmal auch länger, erklärte Prof. Marie-Luise Sautter-Bihl vom Städtischen Klinikum Karlsruhe.

Man spricht dabei von kosmetischen (z.B. Hyperpigmentierung der Haut) und funktionellen Nebenwirkungen (z.B. Lymphödem). Durch Teilbrustbestrahlungen und spezielle Bestrahlungstechniken sollen die Nebenwirkungen eingegrenzt werden, was aber nicht immer gelingt. Wichtig sind besonders die Größe des Bestrahlungsfeldes und die angewandte Dosis. Zu erwähnen ist auch, dass Diabetikerinnen problematischer reagieren.

Das Risiko für Lymphödeme ist besonders erhöht nach einer Entfernung der Brustdrüse (Mastektomie) nach  Lymphknotenentfernung und Bestrahlung der Lymphabflusswege. Hilfe kann hier die Sentinel-Node-OP bringen.

Das Auslösen eines Zweittumors in Form eines Brustkrebses auf der gegenüberliegenden Seite ist nach 20 Jahren um 1,7 Prozent erhöht, jedoch spielen auch das Alter sowie der Einsatz anderer Therapien eine Rolle (Tamoxifen hat hier einen schützenden Effekt).

Die Gefahr eines Lungenkrebses ist auch bei niedrigen Strahlendosen erhöht, die Möglichkeit, an einem Ösophaguskarzinom oder einer Leukämie zu erkranken, besteht mit einer Latenzzeit  von vier bis zu vielen Jahren ebenfalls. Sogar niedrige Strahlendosen können kardiotoxisch wirken, die Fälle von Herztod infolge Radiotoxizität sind jedoch in der Folge stark verbesserter Techniken zurückgegangen. Unklar ist, wo am Herzen der Schaden entsteht, im Verdacht stehen hierbei die Koronararterien. Bei linksseitiger Bestrahlung entstehen u.U. additive Effekte durch Radio- und Chemotherapie.

Abhilfe sollen die intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) schaffen, oder eine Bestrahlung unter Atemkontrolle (das Herz verlagert sich bei Einatmung und kommt außerhalb des Strahlenkanals zum Liegen).

Moderne Bestrahlungstechniken, mit Strahlenfeldern, so klein wie möglich, bringen Fortschritte. Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, ob die Bestrahlung der gesamten Brust beim DCIS verantwortbar ist. Obligat ist auf jeden Fall die Patientinnen-Information, v.a. bei Bestrahlung der linken Brust.

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Auch die operative Therapie hat mit unerwünschten Folgen zu kämpfen

Nicht zuletzt, oder zuerst, hat auch  die operative Therapie mit unerwünschten Folgen zu kämpfen, wie Prof. Achim Rody von der Universitäts-Frauenklinik in Homburg/Saar darlegte.

Es wurde von Lymphödemen, Schulter-Gelenk-Dysfunktionen, Schmerzen und Sensibilitätsstörungen berichtet, wobei die Nachbeobachtungszeit üblicherweise 12-24 Monate umfassen und nur selten länger als fünf Jahre läuft.

Hervorzuheben ist, dass Lymphödeme im Verlauf der Zeit eher zunehmen, während die anderen Folgen eher zurückgehen. Lymphödeme sind auch in einem 20-Jahre-Follow-Up am besten untersucht.

Nach einer radikalen Mastektomie entwickeln sich in 49 Prozent der Fälle Lymphödeme, davon 77 Prozent innerhalb der ersten Jahre nach OP. Danach beträgt der Anstieg ca. 1 Prozent pro Jahr, wobei Infektionen und Gewichtszunahme während der Therapie als Mitauslöser anzusehen sind.
Risikofaktoren für ein Lymphödem nach OP sind die Verletzung von Nerven, die Zahl entfernter Lymphknoten, Bestrahlung im Vergleich zu keiner und ein Lymphknotenbefall. Mit der Sentinel-Node-OP kann das Risiko maßgeblich abgesenkt werden.

Eine Nervenverletzung äußert sich in typischen Beschwerden und führt z.B. zu Schmerzen im Schulterbereich und zu Schwierigkeiten im Beugen und Ausstrecken des Oberarms.

Für die Vermeidung von Parästhesien (Fehlempfindungen) und Störungen der Sensibilität sind Nerven schonende OPs Ausschlag gebend, jedoch kommt es nach einer Mastektomie dennoch in 40 Prozent der Fälle zu einem Phantomgefühl.

Von zentraler Bedeutung ist die Tatsache, dass sich alle Beschwerden, außer dem Lymphödem, über die Zeit bessern. Auch der viel gepriesene Brustaufbau mittels Implantat oder Eigengewebeversorgung ist nicht frei von Problemen. Von Unterschieden in der Symmetrie der Brüste, über die Kapselfibrose bis zu Wundheilungsstörungen nach Eigengewebeaufbau darf bis zu einem gewissen Grad ausgegangen werden.

Eine Kapselfibrose entsteht in manchen Fällen nach einer Implantateinlage, das Auftreten steigert sich nach einer Bestrahlung von 14,5 auf 42 Prozent. Ein Implantat lässt man sich also besser erst nach einer Bestrahlung einlegen, zudem neigen Kapselfibrosen dazu, erneut aufzutreten.

Zieht die Patientin einen Aufbau mit Eigengewebe vor (Lappenplastiken), sind Funktionseinschränkungen am Entnahmeort möglich, zusätzlich besteht die Gefahr des Lappenverlusts infolge eines missglückten Heilungsprozesses.

Innovative Verfahren beruhen auf Eigenfettaufbau und dermalen Ersatzmatrices wie Schweinehaut oder humane Leichenhaut, wobei die Datenlage zu den beiden letzteren noch mäßig ist.

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From Bench to Bedside

Trotz Therapierichtlinien kommt es immer wieder zu individuellen Krankheitsverläufen, wo nach dem Motto „from bench to bedside“ verfahren werden muss.

Prof. Frank Meyer vom Universitätsklinikum Tübingen legte an ausgewählten Beispielen dar, dass in verzweifelten Situationen und bei unzureichender Datenlage Therapieversuche notwendig sein können, wobei eine besondere Expertise des Behandlungsteams Voraussetzung ist. 

Dieses „freie Vorgehen“ kann im Idealfall auch bei Grenzfällen zu einer Stabilisierung der Krankheitssituation führen, allerdings sind die permanente Hinterfragung der eingeleiteten Maßnahmen und eine sorgfältigste Evaluation der Ergebnisse zwingend erforderlich.

Es sind also auch bei den sogenannten von der Schulmedizin „austherapierten“ Patientinnen noch individuelle Heilversuche möglich, sodass therapeutischer Nihilismus unangebracht ist.


Die Informationen wurden von mir mit größtmöglicher Sorgfalt aufgezeichnet und übermittelt, dennoch kann für die Richtigkeit keine Gewähr übernommen werden. Gertrud Rust Mamazone-Bodensee.

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