BrustkrebswissenBrustkrebs behandeln

Zielgerichtete Therapien für hormonrezeptor-positive Tumore

Die nachstehenden Therapien kommen für Frauen mit hormonrezeptor-positivem Brustkrebs insbesondere in der fortgeschrittenen Situation in Frage. Nur einige dieser Medikamente sind zusätzlich auch in der adjuvanten Situation bei hohem Rückfallrisiko zugelassen.

Weil HR+ Brusttumore sehr häufig sind, haben wir den zielgerichteten Medikamenten, die bei diesem Krebstyp in der adjuvanten Situation gegeben werden, ein eigenes Kapitel Antihormontherapie gewidmet.

1. mTOR-Kinase-Hemmer: Antihormontherapie wieder wirksam machen

mTOR ist die Abkürzung von „mammalian (oder auch mechanistic) Target of Rapamycin“. Das ist ein Eiweiß-Stoff, der eine entscheidende Rolle beim Wachstum und der Teilung von Tumorzellen spielt. mTOR-Kinase-Hemmer blockieren das mTOR-Protein und hemmen so das Tumorwachstum. Zudem erschweren sie die Tumor-Angionese (Krebsgefäßbildung) und behindern damit die Versorgung des Tumors mit Nährstoffen.

Die Überaktivität des sogenannten mTOR-Signalweges kann bei ursprünglich hormonsensiblen Zellen zu einer Resistenz gegen antihormonelle Therapien führen. Dann wachsen Tumorzellen trotz endokriner Behandlung weiter. Durch die Blockade dieses Signalwegs spricht der Tumor wieder auf die antihormonelle Therapie an.

Medikament

Wirkstoff:
-  Evorolimus
(Produktname  Afinator)

  • Tablette
  • Zugelassen für die Behandlung von hormonrezeptor-positivem, fortgeschrittenen Brustkrebs
  • Wird in Kombination mit antihormoneller Therapie gegeben

2. CDK4/6-Inhibitoren: Antihormontherapie verstärken / wieder wirksam machen

Die CDKs (Cyclin Dependend Kinases) sind Enzyme, die für die Zellteilung von Tumorzellen bedeutsam sind. Diese sind insbesondere in den hormonrezeptor-positiven Brustkrebszellen hoch reguliert. Eine erhöhte CDK4/6-Aktivität führt zu einer Resistenz gegen Antihormontherapien und damit deren Unwirksamkeit. CDK4/6-Inhibitoren verhindern diese Resistenzen und verstärken die Wirkung von endokrinen Therapien.

Medikamente:

Wirkstoffe 
Palbociclib (Produktname Ibrance)
- Ribociclib (Produktname Kisqali)
- Abemaciclib (Produktname Verzenios)

  • Tabletten
  • Zugelassen für die Behandlung von Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem, metastasiertem Brustkrebs sind alle drei Wirkstoffe;
    Abemaciclib und Ribociclib sind zusätzlich zugelassen in der adjuvanten Situation bei hohem Rückfallrisiko
  • Zudem Einsatz in der adjuvanten Therapie von hormonrezeptor-positiven, HER2-negativem Brustkrebs im Rahmen von Studien.
  • Wird in Kombination mit antihormoneller Therapie gegeben.
  • In der adjuvanten Situation kann Abemaciclib sowohl mit Tamoxifen, als auch mit Aromatasehemmer kombiniert werden. Ribociclib soll mit Aromatasehemmer kombiniert werden.

3. PI3-Kinase-Hemmer: Wachstumssignal blockieren

Auch das PI3K-alpha Enzym (PI3-Kinase, kurz PI3K genannt) ist für den Aufbau und das Wachstum von Tumorzellen von großer Bedeutung. Ca 40% der Brustkrebspatientinnen mit hormonrezeptor-positiven Tumoren haben eine Mutation im Gen PIK3CA, das für den Bau dieses Enzyms zuständig ist. Wenn diese Mutation vorliegt wird die PI3-Kinase überaktiv und regt zu unkontrolliertem Wachstum an.

Der PI3K-Kinasehemmer Alpelisib blockiert das Wachstumssignal Kinase PI3K und führt zudem zu einer vermehrten Produktion von Östrogenrezeptoren auf den Zellen. Deswegen hat die Kombination von Alpelisib mit dem des Anti-Östrogens Fulvestrant einen verstärkten wachstumshemmenden Effekt.

Medikament

Wirkstoff:
- Alpelisib
(Produktname Piqray)

  • Tablette
  • Zugelassen für die Behandlung von postmenopausalen Frauen mit hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem, fortgeschrittenen Brustkrebs mit PIK3CA-Mutation, nach Versagen der antihormonellen Therapie
  • Wird in Kombination mit dem Antiöstrogen Fulvestrant gegeben
  • Fruchtschädigend, darf nicht von schwangeren Frauen eingenommen werden

Hinweis: Der Hersteller hat den Vertrieb von Alpelisib in 05 2021 aus wirtschaftlichen Gründen in Deutschland eingestellt. Das Medikament kann aber weiterhin verordnet und importiert werden.

04 2025 update: Mittlerweile gibt es einen weiteren PI3K-Kinasehemmer: Inavolisib (Produktname Itovebi). Dieser ist in den USA bereits zugelassen. Eine Zulassung in Europa steht noch aus. Die Studie INAVO120 hatte zuvor positive Ergebnisse für eine Medikamentation mit Fulvestrant und Palbociclib plus Inavolisib gegenüber einer Behandlung nur mit Fulvestrant und Palbociclib bei der entsprechenden Patientengruppe gezeigt.

4. SERD: Östrogenrezeptoren abbauen

SERD (Selektive Estrogenrezeptor Degrader) sind Medikamente, die Hormonrezeptoren für Östrogen reduzieren und abbauen. Dadurch soll das Tumorwachstum gehemmt werden. In diese Medikamentengruppe fallen die Wirkstoffe Fulvestrant und Elacstrant.

Fulvestrant

Fulvestrant  blockiert und reduziert Hormonrezeptoren für Östrogen und zwar nicht nur bei bestimmten Gewebetypen (wie es Tamoxifen macht), sondern bei allen Gewebetypen. 

Medikament

Wirkstoff:
- Fulvestrant
(Produktname Faslodex)

  • Depotspritze
  • Zugelassen für die Behandlung von postmenopausalen Frauen mit hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Brustkrebs; bei prämenopausalen Frauen nur in Verbindung mit GnRH-Analoga
  • fruchtschädigend, darf nicht von schwangeren Frauen angewendet werden. Eine sichere Verhütung ist unbedingt notwendig
  • darf nicht während der Stillzeit angewendet werden

Elacestrant bei zusätzlicher ESR1-Mutation

Wenn während oder nach einer endokrinen Therapie Resistenzen auftreten, ist häufig eine erworbene ESR1-Mutation die Ursache hierfür. Durch diese Mutationen wird der Tumor quasi unabhängig von einer Stimulation durch Östrogene zum Wachstum angeregt. In dieser Situation kann Elacestrant zum Einsatz kommen.

Deshalb sollte bei fortschreitendem HR+, HER2-neg Tumor eine Testung auf ESR1-Mutationen erfolgen.  

Medikament

Wirkstoff:
- Elacestrant
(Produktname Orserdu)

  • Tablette
  • Zugelassen für die Behandlung von postmenopausalen Frauen oder Männer mit hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Brustkrebs mit ESR1-Mutation, nach mindestens einer antihormonellen Therapie inkl. CDK 4/6 Inhibitor

Testung auf ESR1-Mutation

Die ESR1-Mutation ist eine erworbene Genmutation im Östrogenrezeptor-Gen1 (engl. Estrogene-Receptor-1). Diese Genmutation kann entweder anhand einer Blut- oder anhand einer Tumorgewebeprobe nachgewiesen werden.

  • Beim Nachweis der ESR1-Mutation über eine Blutprobe spricht man von einer Liquid-Biopsy. Im Blut wird die darin enthaltene ctDNA von Metastase(n) auf das Vorliegen einer ESR1-Mutation untersucht. ctDNA steht für circulating-tumor DNA, also für DNA-Fragmente von Krebszellen im Blut.
  • Beim Nachweis der ESR1-Mutation mittels Tumorgewebe wird oft nur das Gewebe einer einzelnen Metastase untersucht. Dies birgt die Gefahr von falsch-negativen Ergebnissen. Denn es kommt vor, dass einzelne Metastasen eine ESR1-Mutation aufweisen, andere hingegen nicht. Wird in so einem Fall ausgerechnet die Metastase untersucht, die keine ESR1-Mutation hat, würde die in anderen Metastasen vorliegende ESR1-Mutation nicht entdeckt. 

Die Liquid-Biopsy hat daher beim ESR1-Mutations-Nachweis eine höhere Trefferquote.

5. TROP2-Antikörper–Wirkstoffkonjugat: Tumorzellen mit einem Trojaner angreifen

Bei dem TROP2-Anitkörper-Wirkstoff-Konjugat Sacituzumab-Govitecan ist das Chemotherapeutikum Govitecan an den Antikörper Sacituzumab gekoppelt. Bei Datopotamab-Deruxtecan ist der Antikörper Datopotamab an das Chemotherapeutikum Deruxtecan gekoppelt.  Beide Medikamente binden an TROP2, ein Oberflächenprotein auf Tumorzellen. So werden die Zytostatika direkt in die Tumorzelle eingeschleust und können die Tumorzelle abtöten.

Medikament

Wirkstoff Sacituzumab-Govitecan (Produktname Trodelvy)

  • Infusion
  • Zugelassen für PatientInnen mit einem nicht resezierbarem oder metastasiertem, hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Mammakarzinom, die zuvor eine endokrin-basierte Therapie und mindestens zwei zusätzliche systemische Therapien im fortgeschrittenen Stadium erhalten haben

Wirkstoff Datopotamab-Deruxtecan (Produktname Datroway)

  • Infusion
  • Zugelassen für die Behandlung von PatientInnen mit hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem, mit inoperablem oder metastasierten Brustkrebs, nach mindestens einer antihormonellen Therapie und mindestens einer Chemotherapielinie im fortgeschrittenem Stadium
  • möglicherweise fruchtschädigend, soll nicht von schwangeren Frauen angewendet werden. Eine sichere Verhütung ist notwendig
  • soll nicht während der Stillzeit angewendet werden

 

Aktuelle Forschungsergebnisse

In unserer Rubrik "Neues aus der Forschung" finden Sie nachstehende Beiträge zum Thema.

02 2025 "Metastasierter HR+ Brustkrebs: CDK4/6-Hemmer erst in der Zweitlinie erspart Nebenwirkungen"
04 2024 "Ribociclib plus Aromatasehemmer hilft bei frühem Brustkrebs": NATALEE-Studie zeigt nach 3 Jahren Vorteil von Ribociclib plus Aromatasehemmer gegenüber Therapie nur mit Aromatasehemmer im invasiv krankheitsfreien Überleben.

Weitere Informationen

Links

07 2025 "Datopotamab Deruxtecan Neues Antikörper-Wirkstoff-Konjugat bei Brustkrebs" in der Pharmazeutischen Zeitung 
04 2025 "Frühes Mammakarzinom: Neue AGO-Empfehlungen betreffen vor allem HR-positives eBC" im Deutschen Ärzteblatt
12 2024 "CDK4/6-Hemmer bei frühem Brustkrebs: Kann adjuvantes Ribociclib die Prognose verbessern?" auf der Seite des DKFZ
11 2024 "Mammakarzinom: Inavolisib verlängert rezidivfreies Leben bei PIK3CA-Mutationen" im Deutschen Ärzteblatt
10 2024 "FDA approves inavolisib with palbociclib and fulvestrant for endocrine-resistant, PIK3CA-mutated, HR-positive, HER2-negative, advanced breast cancer"
09 2024 "PIK3CA-mutiertes Mammakarzinom: Neue Option für die Erstlinientherapie deutet sich an" auf der Seite SpringerNature Link
05 2024 "Elacestrant (Orserdu) bei fortgeschrittenem Brustkrebs" auf der Seite gesundheitsinformationen.de vom IQWIG
04 2024 "Kombinationstherapie hilft bei frühem Brustkrebs" auf der Seite des Uniklinikums Erlangen
03 2024 "Auch beim frühen Brustkrebs ist Ribociclib von Nutzen" im Deutschen Ärzteblatt
02 2024 "Erworbene ESR1-Mutation: Wenn Brustkrebs autark wird" im Deutschen Ärzteblatt
02 2024 "Nutzenbewertungsverfahren zum Wirkstoff Sacituzumab govitecan (Neues Anwendungsgebiet: Mammakarzinom, HR+, HER2-, mind. 3 Vortherapien)" auf der Seite des G-BA (Gemeinsamen Bundesausschuss)
02 2024 "Gemeinsamen Bundesausschuss sieht beträchtlichen Zusatznutzen bei zwei Krebsarzneimitteln" im Deutschen Ärzteblatt
05 2022 "Abemaciclib zur adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms zugelassen" auf der Seite SpringerLink