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Selen

Selen ist ein chemisches Element mit dem Symbol „Se“ und gehört zu den Halbmetallen. Es wurde 1817 von Jöns Jakob Berzelius entdeckt, und wegen seiner Ähnlichkeit zum Tellur (griechisch: Erde) erhielt es den griechischen Namen für Mond. Selen ist als Bestandteil der 21. biogenen (natürlichen) Aminosäure Selenocystein ein essentielles Spurenelement. Selenocystein ist wiederum katalytischer (beschleunigender) Bestandteil der selenabhängigen Enzyme. Es spielt so eine wichtige Rolle beim Schutz der Zellmembran vor oxidativem Stress. Weiterhin ist Selen an der Entgiftung gefährlicher Medikamente und Toxine beteiligt. Ebenfalls ist Selen wirksam im Schilddrüsenhormonstoffwechsel, speziell bei der Aktivierung von Thyroxin (T4) zu Triiodthyronin (T3). Selen ist außerdem wichtig für das Eiweiß p53, das für die Reparatur von DNA-Schäden verantwortlich ist. Es hemmt Adhäsionsmoleküle (Klebermoleküle), ist mit der Bildung von methylseleniger Säure (MSA) und Selenodiglutathion (SDG) an der Zerstörung von Tumorzellen beteiligt und hemmt das Eiweiß NFkappaB, was zu weniger Entzündungen führt.


Die Betrachtung der Wirkung von Selen variiert historisch sehr stark:


-    1930: Selen = hoch toxisch
-    1943: Selen = krebserregend
-    1957: Selen = essential trace element (notwendiges Spurenelement)
-    1966: Selen = anticarcinogen (krebszerstörend)


Der Gehalt in den Nahrungsmitteln ist abhängig vom Selengehalt des Bodens, auf dem diese gewachsen sind. Aus diesem Grund sind nordamerikanische Studienergebnisse auf Mitteleuropa nur eingeschränkt übertragbar. Der unterschiedliche Bodengehalt an Selen spiegelt sich wider in den verschiedenen durchschnittlichen Selenspiegeln der Bevölkerung:


Durchschnittlicher Selenspiegel in den USA = 142,6 ng/ml
Durchschnittlicher Selenspiegel in Deutschland = 80 ng/ml


In Mitteleuropa herrscht ein latenter Selenmangel. Amerikanische Beobachtungsstudien, die den Selenspiegel und die Gesamtmortalität diesbezüglich betrachteten, endeten mit dem Ergebnis, dass bei einem Selenspiegel zwischen 120 und 140 ng/ml die Gesamtmortalität am geringsten ist. Ein Selenspiegel zwischen 60 und 80 µg/l, wie in Mitteleuropa, ist dagegen deutlich niedriger. Er führt nicht unmittelbar zu pathologischen Symptomen. Aber über Jahre kann er nachhaltig zu Beeinträchtigungen führen, inklusive der Tumorprävention und -therapie.


Der optimale Selenspiegel im Serum für die Aktivität der Glutathionperoxidasen beträgt 95 µg/l.
Der optimale Selenspiegel im Serum für die Sättigung von Selenoprotein P beträgt 125 µg/l.
Das gilt übrigens für alle Menschen!

Vielfach wird diskutiert, ob Selengaben während der Tumortherapie kontraproduktiv wirken könnten. Hierzu gibt es Studien, die das widerlegen:
In einer dieser Studien (Inklusion der Frauen von 2000 bis 2006) zeigte PD Dr. med. Ralph Mücke bei Frauen mit Gebärmutterkrebs, dass die Zugabe von Selen als Natriumselenit während der Strahlentherapie die Rate des strahlenbedingten Durchfalls > Grad 2 (mindestens 7 x tgl.) von über 50 % auf unter 20 % reduziert hat. Die Langzeitbetrachtung aller inkludierten (eingeschlossenen) Frauen zeigt eindeutig, dass das Langzeitüberleben mit Selen keineswegs schlechter ist, als in der Vergleichsgruppe ohne Selengabe. Die Strahlentherapiehauptwirkung wurde durch die tägliche Selengabe nicht abgeschwächt.


In welchen Nahrungsmitteln ist Selen enthalten?


Selen enthalten: Weizenkeime, Getreidevollkorn (Hafer, Weizen, Gerste), Sesam, Seefisch, Meeresfrüchte, Rotbarsch, Nüsse (Paranuss, Kokosnuss), Spargel, Kohlrabi, Petersilie.


Für Selenaufnahme von 100 µg pro Tag wäre es notwendig, täglich Folgendes zu essen:


13 g Kokosnuss ODER
12 Austern ODER
322 g Lachs ODER
1,6 kg Knoblauch ODER
10 Eier ODER
1,1 kg Schweinkotelett ODER
10 kg Karotten/ Broccoli ODER
3,3 kg Camembert 45 % ODER
40 g Paranuss (ca. 10 Stck)


Welches Selen ist geeignet?

Anorganisches Natriumselenit hat eine hohe Bioverfügbarkeit durch seinen schnellen Einbau in die Selenoproteine.

Organisches Selenomethionin (organisch gebundenes Selen) wird via aktiver Resorption unspezifisch in Proteine (z.B. Muskel) eingebaut und dann über Selenwasserstoff und Selenocystein zur Verfügung gestellt. Von dort erfolgt ein spezifischer Einbau in die Selenoproteine. Organisches Selen kann im Muskel akkumulieren.

Anorganisches Natriumselenit wird passiv resorbiert und dann spezifisch in die Selenoproteine eingebaut. Studien zeigen, dass anorganisches Natriumselenit nicht überdosiert werden kann, weil das nicht verwendete Selen pulmonal (über die Lunge) und renal (über die Niere) ausgeschieden wird.


Welches Selen ist wann geeignet?

In der Nachsorge als Nahrungsergänzung:

50-70 µg/d Selen organisch gebundenes Selen oder
300 µg/d als Natriumselenit

In der supportiven und interkonventionellen Therapie:

300 µg/d Natriumselenit als Basisversorgung täglich
500 µg/d Natriumselenit 1 h vor der Radiotherapie
1.000 µg/d Natriumselenit 1 h vor der Chemotherapie


Informationen geprüft durch
PD. Dr. med. Ralph Mücke
Strahlentherapie RheinMainNahe
Mühlenstr. 39a
55543 Bad Kreuznach
Tel. 0 671/ 92 06 58-0

erstellt am: 29.01.2020