Prophylaktische Maßnahmen Genetisch vorbelastet und was jetzt? Jetzt benötigen Sie vielleicht erst einmal etwas Zeit um diese Information „sacken“ zu lassen. Und Sie haben Zeit, insbesondere wenn Sie bereits in jungen Jahren von Ihrer genetischen Vorbelastung Kenntnis bekommen. Die Rolle des Alters Das individuelle Erkrankungsrisiko hängt nämlich nicht nur von der erblichen Veranlagung ab. Daneben gibt es auch viele weitere Risikofaktoren und eine ganz besondere Bedeutung kommt hierbei dem Alter zu. Je älter Sie sind, desto wahrscheinlicher wird eine Brustkrebserkrankung. Das gilt für alle Frauen, also auch für Nicht-Mutationsträgerinnen. Beispielhaft und sehr eindrücklich zeigen dies nachstehende Zahlen zum Brustkrebserkrankungsrisiko von BRCA Mutationsträgerinnen (Quelle Entscheidungstool des Uniklinikum Köln) Das Brustkrebs – Erkrankungsrisiko in den kommenden 10 Jahren beträgt für BRCA1-Mutationsträgerinnen im Alter von 0 – 20 Jahre 0% 21 – 30 Jahre ca 6% 31 – 40 Jahre ca 23 % 41 – 50 Jahre ca 28% (wird weiter unten als Beispiel genutzt) 51 – 60 Jahre ca 26% 61 - 70 Jahre ca 25% 71 – 80 Jahre ca 16% BRCA2-Mutationsträgerinnen im Alter von 0 – 20 Jahre 0% 21 – 30 Jahre ca 5% 31 – 40 Jahre ca 11 % 41 – 50 Jahre ca 28% 51 – 60 Jahre ca 31% 61 - 70 Jahre ca 23% 71 – 80 Jahre ca 22% Wie sind diese Zahlen zu lesen? Beispiel: Nehmen wir die Risikoangabe von ca. 28% für BRCA1-Mutationsträgerinnen im Alter von 41 – 50 Jahren. Das heißt dann: Von 100 BRCA1 Mutationsträgerinnen im Alter zwischen 41 und 50 Jahren erkranken in den nächsten 10 Jahren ca 28% an Brustkrebs Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Im Wesentlichen können Sie diese Gefahr durch die intensivierte Früherkennung bzw. eine vorsorgliche Mastektomie (Brustdrüsenentfernung) „bannen“. Dabei ist es egal, ob Sie die Mastektomie alleine oder in Kombination mit einem Wiederaufbau durchführen. Brustkrebs rechtzeitig erkennen Die intensivierte Früherkennung Die intensivierte Früherkennung geht deutlich über die der Allgemeinbevölkerung angebotenen Früherkennungsmaßnahmen hinaus. Sie beginnt im Fall einer BRCA1- oder BRCA2-Mutation bereits ab dem 25. Lebensjahr (bzw. mindestens 5 Jahre vor dem frühesten Erkrankungsalter in der Familie) und beinhaltet folgende Maßnahmen: Ab 25 Jahren Monatlich: Brustselbstuntersuchung halbjährlich: Sonografie (Ultraschall) und ärztliche Tastuntersuchung der Brüste jährlich: MRT (Magnetresonanztomographie) ab 40 Jahren alle 1-2 Jahre: Mammografie Durch die intensivierte Früherkennung können Mammakarzinome zwar nicht verhindert, aber meist noch im frühen, also im heilbaren Stadium erkannt werden. Diese vergleichsweise einfache Maßnahme kann also durchaus lebensrettend sein! Zudem sind im Erkrankungsfall die notwendigen Therapien in der Regel umso schonender, je früher das Mammakarzinom erkannt wird. Deshalb rät mamazone e.V. allen BRCA Mutationsträgerinnen diese Maßnahme möglichst schon in jungen Jahren zu ergreifen, auch wenn dies für manche immer wieder mit der Angst einer möglichen Krebsdiagnose verbunden ist. Brustkrebsrisiko senken Die vorsorgliche Mastektomie, einschneidend aber effektiv Spätestens seit Angelina Jolie sich geoutet und ihre vorsorgliche Mastektomie publik gemacht hat, ist diese äußerst effektive Möglichkeit der Risikominimierung auch in der breiteren Öffentlichkeit bekannt. Das Erkrankungsrisiko sinkt bei BRCA–Mutationsträgerinnen von ca. 70% auf 5%. Mit der Entscheidung für oder gegen einen solch drastischen Schritt wird den Betroffenen allerdings sehr viel abverlangt. Einerseits schützt diese Maßnahme relativ gut vor einem möglicherweise lebensbedrohlichen Mammakarzinom, andererseits ist der Verlust der Brüste (genauer gesagt des Brustdrüsengewebes) schwerwiegend. Das gilt selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass es mittlerweile viele verschiedene Möglichkeiten des Brustaufbaus gibt. Risikoreduktion durch Medikamente, wirksam aber mit Nebenwirkungen Seit langem wird darüber diskutiert, ob eine Antihormontherapie als medikamentöse Vorbeugung anzuraten ist. Studien zeigen, dass Antihormontherapien das Erkrankungsrisiko wirksam senken können. Allerdings gehen mit dieser langjährigen Präventionsmaßnahme auch Nebenwirkungen einher, die durchaus belastend sein können. Daher sollten Sie mit Ihrem Arzt / Ihrer Ärztin gemeinsam abwägen, ob diese Form der Prophylaxe für Sie persönlich eine gute Art der Risikoreduktion ist. Es stehen verschiedene Antihormontherapeutika zur Verfügung. Beispielsweise Raloxifen, Tamoxifen oder Aromatasehemmer. An weiteren Ansatzpunkten für eine medikamentöse Risikoreduktion bei hohem Brustkrebsrisiko wird geforscht. So gibt es erste Hinweise im Mausmodell darauf, dass mTOR Inhibitoren bei BRCA2 Mutationen prophylaktisch wirken könnten, wobei auch hier das Nebenwirkungsspektrum limitierend wäre. Gesunder Lebensstil - immer eine gute Option Auch mit einem sogenannten gesunden Lebensstil lässt sich das Krebsrisiko senken und das völlig nebenwirkungsfrei! Das wurde in vielen Studien nachgewiesen. Rauchen, Alkohol, Bewegungsmangel und schlechte Ernährung sind hinlänglich als vermeidbare Risikofaktoren bekannt. Entscheidungstool des Uniklinikums Köln Umfassende Informationen zur intensivierten Früherkennung und zu den vorbeugenden Operationen finden Sie im Entscheidungstool des Uniklinikums Köln. Dort werden die Vor- und Nachteile der jeweiligen Maßnahmen einander gegenübergestellt und durch die Beantwortung eines Fragebogens können Sie für sich selbst mehr Klarheit darüber gewinnen, wo Sie noch Fragen haben und wo Sie noch Bedenkzeit benötigen. Weitere Informationen Links 03 2024 "BRCA1/2: MRT-Überwachung kann Sterberisiko am Brustkrebs deutlich senken, bietet aber keinen sicheren Schutz" im Deutschen Ärzteblatt 02 2024 "MRI Surveillance and Breast Cancer Mortality in Women With BRCA1 and BRCA2 Sequence Variations" in JAMA Oncology 2024 "Brustkrebsprävention: Medikamentös vorbeugen?" im Deutschen Ärzteblatt 01 2024 "Wo genetisch bedingter Brustkrebs beginnt: Forschende identifizieren Ursprungszellen für BRCA2-Brustkrebs und mögliche Therapie" auf scinexx.de 04 2023 "Optionen der primären Prävention" Leitlinien und Empfehlungen der AGO (Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie) Kommission Mamma