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Antihormontherapie – wirkungsvoll in der Langstrecke

Für welche Patientin ist sie geeignet?

Die AHT (antihormonelle Therapie) ist die älteste zielgerichtete Therapie gegen Brustkrebs. Sie kommt ausschließlich für Brustkrebspatientinnen in Frage, deren Tumor Hormonrezeptor-positiv ist. Das ist sehr häufig, nämlich bei ca. 70-80% der Brustkrebserkrankten, der Fall. Bei diesen Patientinnen wird der Tumor durch die Hormone Östrogen und / oder Progesteron zum Wachstum angeregt. Diese Hormone wirken - salopp gesprochen - wie ein Dünger auf den Hormonrezeptor-positiven Tumor.

Manchmal bezeichnet man die Antihormontherapie auch als endokrine Therapie. In der Endokrinologie befasst man sich mit dem Hormonsystem.

Guter Schutz bei mehrjähriger Therapiedauer

Ziel der Antihormontherapie ist es, den Tumorzellen den "hormonellen Dünger" Östrogen zu entziehen, der sie zu Vermehrung und Wachstum anregt. Da es sich um eine systemische (auf den gesamten Körper wirkende) Therapie handelt, können mit der Antihormontherapie auch Tumorzellen, die sich eventuell bereits vom Primärtumor abgelöst haben, bekämpft werden. Dies erhöht den Schutz vor späteren Rezidiven und Metastasierung.

Um diesen Schutz zu erreichen, braucht man allerdings Durchhaltevermögen! Die Antihormontherapie wird je nach Rückfallrisiko zwischen 5 und 10 Jahren empfohlen. Wenn die Antihormontherapie länger als 5 Jahre dauert, spricht man von einer EAT (erweiterte Antihormontherapie).

Details hierzu finden Sie beispielsweise in den AGO-Leitlinien (links hierzu am Ende des Kapitels)

Sehen Sie hierzu auch den Vortrag

"Wie lange? Die Antihormontherapie" den Prof. Dr. med. Jens Huober auf unserem Diplompatientinnen-Kongress 2019 gehalten hat (nur für Mitglieder freigeschaltet)
 

Verschiedene Wirkstoffgruppen für eine maßgeschneiderte Therapie

Verschiedene Wirkstoffgruppen ermöglichen es, die Antihormontherapie dem individuellen Rückfallrisiko anzupassen, wobei immer auch die Belastung der Patientin durch etwaige Nebenwirkungen, sowie mögliche Gegenanzeigen aufgrund von Vorerkrankungen zu berücksichtigen sind.

Welche Wirkstoffe für Sie persönlich am besten geeignet sind und wie Sie etwaige Nebenwirkungen abmildern können, sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt /Ihrer Ärztin besprechen.

Die Antihormontherapie verfolgt verschiedene Ansätze, die alle darauf abzielen, die wachstumsfördernde Wirkung von Östrogen auf Brustkrebszellen zu verhindern:

  • Östrogenbildung in den Eierstöcken unterbinden – GnRH-Analoga
  • Östrogenbildung in Fettgewebe, Muskulatur, Leber und Nebennieren verhindern – Aromatasehemmer
  • Östrogenrezeptoren blockieren – Tamoxifen
  • Östrogenrezeptoren blockieren und abbauen – Fulvestrant
  • Wirkung der AHT verstärken, Resistenzen verhindern und überwinden - CDK4/6-Inhibitoren & Co.

Details zu den oben genannten Wirkstoffgruppen und zu den Nebenwirkungen der Antihormontherapie finden Sie in den jeweiligen Unterkapiteln

Anpassungen der Antihormontherapie sind möglich

Je nach Situation können verschiedene Wirkstoffe auch miteinander kombiniert werden oder durch andere Wirkstoffe ersetzt werden.

So werden beispielsweise Tamoxifen und Aromatasehemmer häufig nach einiger Zeit – meist nach 2-3 Jahren - gegeneinander ausgetauscht. Man spricht dann von einem „Switch“ entweder von Tamoxifen auf Aromatasehemmer oder umgekehrt.

Üblicherweise beginnen Patientinnen, die kurz vor den Wechseljahren stehen, mit Tamoxifen und switchen dann, wenn sie sicher postmenopausal sind, auf Aromatasehemmer.

Wichtig: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt / Ihrer Ärztin, wenn Sie die Antihormontherapie stark belastet! Oft können Nebenwirkungen abgemildert werden und vielleicht vertragen Sie ja einen anderen Wirkstoff / ein anderes Medikament deutlich besser.

Vorab klären: Prämenopausal oder sicher postmenopausal?

Die Wahl der Medikamente richtet sich danach, ob die zu behandelnde Patientin prämenopausal oder sicher postmenopausal ist, sich also noch vor oder bereits nach den Wechseljahren befindet.

Solange eine Frau noch prämenopausal ist, werden Östrogene hauptsächlich in den Eierstöcken produziert. Das ist auch bei perimenopausalen Frauen (also Frauen in den Wechseljahren) der Fall, wenn auch in geringerem Umfang. Unterbinden lässt sich dies mit GnRH-Analoga.

Außerhalb der Ovarien (Eierstöcke) werden Östrogene mithilfe des Enzyms Aromatase vor allem im Fettgewebe, in geringen Mengen aber auch in Leber, Muskulatur und Nebenniere gebildet. Diese Art der Östrogenbildung erfolgt sowohl vor als auch nach den Wechseljahren und lässt sich mit Hilfe eines Aromatasehemmers verhindern.

Wichtig: Aromatasehemmer dürfen nur eingesetzt werden, wenn in den Eierstöcken keine Östrogene mehr gebildet werden. Die Patientinnen müssen also entweder sicher postmenopausal sein oder zusätzlich zum Aromatasehemmer GnRH-Analoga erhalten.  

Hormonstatus bestimmen

Vor Beginn einer Antihormontherapie wird man daher üblicherweise den Hormonstatus in einer Blutprobe bestimmen, um zu sehen, ob Sie noch prämenopausal oder bereits postmenopausal sind. Das Ausbleiben der Monatsblutung über einen gewissen Zeitraum allein reicht nicht aus, um den Menopausenstatus sicher beurteilen zu können!

Hinweis: Im Folgenden werden perimenopausale Frauen nicht separat betrachtet, weil für deren antihormonelle Therapie dieselben Prinzipien wie für prämenopausale Frauen gelten.

Verhütung

Auch während der Antihormontherapie können Sie schwanger werden, sofern Sie nicht sicher postmenopausal sind oder Ihre Eierstockfunktion mittels GnRH-Analoga ausgeschaltet wurde. Achten Sie deshalb auf eine geeignete Verhütungsmethode ohne den Einsatz von Hormonen (keine „Antibaby-Pille“, keine hormonbeschichtete Spirale).

Wann mit der Antihormontherapie starten?

Beim frühen Brustkrebs und beim Rezidiv kann die Antihormontherapie adjuvant oder neoadjuvant erfolgen.

Adjuvante Antihormontherapie

Adjuvant bedeutet „die Heilung unterstützend“ und bezeichnet in diesem Zusammenhang eine auf Heilung ausgerichtete Antihormontherapie, die erst nach der Brustoperation startet. Früher war die Brustoperation die erste heilende (kurative) Maßnahme und man begann standardmäßig erst danach adjuvant mit den vorgesehenen medikamentösen Therapien.

Ziel der adjuvanten Antihormontherapie ist es, einem Rezidiv und einer Metastasierung vorzubeugen. Falls zusätzlich eine Chemotherapie benötigt wird, beginnt man mit der Antihormontherapie üblicherweise erst nach Abschluss der Chemotherapie. Wird eine Strahlentherapie durchgeführt, kann die endokrine Therapie gleichzeitig mit der Bestrahlung oder erst nach Abschluss der Bestrahlung begonnen werden. Beide Möglichkeiten werden empfohlen.

Neoadjuvante Antihormontherapie

Immer häufiger werden heute auch schon vor (= neo) der Brustoperation Medikamente eingesetzt, man spricht dann von einer neoadjuvanten Therapie.

Ziel der neoadjuvanten Antihormontherapie, die auch als endokrine Induktionstherapie bezeichnet wird, ist die Verkleinerung des Tumors. Dadurch kann die Operation oft schonender durchgeführt werden und man sieht, wie gut der Tumor auf die angewendete Antihormontherapie anspricht. Diese Erkenntnis kann hilfreich sein, wenn die Entscheidung für oder gegen eine zusätzliche Chemotherapie noch offen ist.

Antihormontherapie beim metastasierten Brustkrebs

Auch in der fortgeschrittenen Situation gehört die Antihormontherapie zu den wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten. Ziel ist es, das Wachstum und die Ausbreitung von Metastasen so lange wie möglich zurückzudrängen bei gleichzeitigem Erhalt von guter Lebensqualität.

Wichtig: Metastasen haben manchmal eine andere Tumorbiologie als der primäre Brusttumor. Deshalb sollte, sofern möglich, auch die Metastase hinsichtlich ihrer Tumoreigenschaften wie z.B. Hormonrezeptoren, HER2-Status etc. untersucht werden, um die bestmögliche Therapie auswählen zu können.

Kinderwunsch – wie vereinbaren mit der Antihormontherapie?

Die Antihormontherapie geht in der Regel über mehrere Jahre, in denen Ihre Fruchtbarkeit, wie bei allen anderen Frauen auch, natürlicherweise abnehmen kann. Nach Abschluss der Antihormontherapie könnte deshalb eine Schwangerschaft schwieriger werden. Aber es gibt auch Möglichkeiten, Ihre Chancen auf eine spätere Schwangerschaft zu verbessern. Dazu sollten Sie vor Beginn der Antihormontherapie tätig werden. 

Lesen Sie dazu unseren Artikel "Kinderwunsch und Brustkrebs"

Weitere Informationen

links

06 23 AGO Patientinnen Webinar "Hormon-sensibler Brustkrebs und aktuellste Therapiemöglichkeiten"
04 2023 AGO Leitlinie "Adjuvante endokrine Therapie in prä- und postmenopausalen Patientinnen"
04 2023 AGO Leitlinine "Endokrine und zielgerichtete Therapie metastasiertes Mammakarzinom"

07 2022 "Antihormonelle Therapie bei Brustkrebs" auf dem Onko Internetportal der Deutschen Krebsgesellschaft
11 2018 "Brustkrebs: Die Antihormontherapie" auf der Seite des Deutschen Krebsforschungszentrums